Digitaler Nachlass - Worauf man achten sollte
Wer vorsorgt, denkt meist an Immobilien, Bankguthaben oder Unternehmensanteile. Doch was passiert mit dem digitalen Vermögen – mit E-Mail-Konten, Social Media, Kryptowährungen oder Cloud-Daten – nach dem Tod?
In Zeiten der Digitalisierung hinterlassen wir neben materiellen Werten auch eine Fülle von Daten und Online-Konten. Doch was passiert mit E-Mail-Accounts, Social-Media-Profilen, Cloud-Speichern oder Kryptowallets, wenn wir einmal nicht mehr sind?
Was gehört zum „digitalen Nachlass“?
Zum digitalen Nachlass zählt grundsätzlich alles Digitale, was über den Tod hinaus weiter besteht. Das umfasst Online-Konten und elektronische Daten jeder Art; Beispiele sind etwa: Profile in sozialen Netzwerken (Facebook, Instagram, LinkedIn etc.), E-Mail-Konten, Benutzerkonten bei Online-Diensten (von Amazon über PayPal bis Netflix), Cloud-Speicher, eigene Websites oder Blogs und sogar digitale Vermögenswerte wie Kryptowährungen. Nicht zu vergessen sind Offline-Daten auf persönlichen Geräten – Fotos, Dokumente, Videos auf dem Smartphone oder Laptop gehören ebenfalls dazu.
Wer erbt digitale Konten und Dateien?
Erbrechtlich ist der Fall klar: Digitale Güter werden in Österreich genau wie physische Nachlassgegenstände vererbt. Mit dem Tod einer Person geht deren Verlassenschaft (alle Rechte und Pflichten) auf die Erben über. Online-Verträge – etwa der Nutzungsvertrag mit Facebook oder Google – gehen also ebenfalls auf die Erben über. Eine Ausnahme gilt nur für höchstpersönliche Rechte, die nicht vererblich sind. In der Praxis fallen die meisten digitalen Konten nicht unter diese Ausnahme.
Probleme in der Praxis
Viele Plattformen (Facebook, Google, iTunes etc.) sperren im Todesfall allerdings den Zugang zum Benutzerkonto – oft mit Verweis auf ihre AGB. Selbst wenn der Erbe rechtlich dazu berechtigt wäre, fehlt es faktisch an den Zugangsdaten. Und ohne Wallet-Key sind auch Bitcoins unwiederbringlich verloren.
Häufig ist das Smartphone der einzige Hinweis, dass digitale Werte existieren. Ein offizielles Register für Online-Konten, Kryptowährungen oder ähnliche digitale Assets gibt es in Österreich nicht. Ohne konkrete Anhaltspunkte werden viele Vermögenswerte im Verlassenschaftsverfahren gar nicht entdeckt.
Was kann man tun?
- Digitale Übersicht erstellen: Halten Sie fest, welche Konten, Geräte, Online-Dienste oder Krypto-Wallets Sie nutzen.
- Zugangsdaten dokumentieren: Führen Sie eine geschützte Liste mit Logins & Passwörtern – idealerweise beim Anwalt oder Notar hinterlegt. Nicht im Testament!
- Vertrauensperson bestimmen: Ernennen Sie jemanden, der sich im Todesfall um Ihren digitalen Nachlass kümmern darf – idealerweise mit Vollmacht.
- Regelmäßig aktualisieren: Zugangsdaten ändern sich – und ohne aktuelle Informationen nützt das beste Verzeichnis nichts.
Vorsicht bei kommerziellen Tools: Viele digitale Nachlassdienste sind nicht auf österreichisches Recht abgestimmt. Und ein "digitales Testament" per Videoaufnahme oder App ist hierzulande nicht rechtswirksam.
Fazit
Der digitale Nachlass ist keine juristische Grauzone, sondern ein praktisches Organisationsproblem. Wer verhindern will, dass digitale Vermögenswerte oder Erinnerungen verloren gehen, sollte rechtzeitig vorsorgen – strukturiert, sicher und mit jemandem, dem man vertraut.
David Stockhammer | Rechtsanwalt – d.stockhammer@gibelzirm.com
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