Enterbung – Böse Überraschungen
Ein in der Praxis sehr häufig anzutreffender Irrglaube ist, dass die Enterbung auch automatisch den gesamten Stamm, sohin auch Kinder, des Enterbten betrifft. Diese Sichtweise ist unrichtig und führt oftmals zu bösen Überraschungen im Zuge der Verlassenschaftsabhandlung.
Die Enterbung ist die Entziehung des Pflichtteils durch eine letztwillige Verfügung und ist nur bei Vorliegen ganz bestimmter Gründe wirksam. Die Rechtsprechung ist im Zusammenhang mit der Enterbung eher als restriktiv einzuordnen. Die Enterbungsgründe sind:
- Begehung bestimmter Straftaten gegen den Verstorbenen,
- Begehung von Straftaten gegen dem Verstorbenen nahestehende Personen,
- die absichtliche Vereitlung des wahren letzten Willens des Verstorbenen sowie der entsprechende Versuch dazu,
- die verwerfliche Zufügung schweren seelischen Leids,
- die gröbliche Vernachlässigung familienrechtlicher Pflichten gegenüber dem Verstorbenen,
- die Verurteilung zu einer lebenslangen oder 20-jährigen Freiheitsstrafe wegen einer mit Vorsatz begangener gerichtlich strafbarer Handlung.
Die Enterbung wirkt nur gegenüber dem Enterbten aber - entgegen einem weit verbreiteten Irrtum - nicht automatisch gegenüber dessen Nachkommen. Das ist oftmals ärgerlich, weil eine Enterbung regelmäßig im Glauben vorgenommen wird, der Pflichtteil des Enterbten würde untergehen und damit die Testierfreiheit würde damit erweitert. Tatsächlich wandert der Pflichtteil zu den Nachkommen des Enterbten.
Da die Wirksamkeit einer Enterbung zudem meistens strittig ist, kommt es für den Erben (der den Pflichtteil auszahlen muss) oftmals zu der unangenehmen Situation, dass er gar nicht weiß, wer nun der Pflichtteilsberechtigte ist. Ist die Enterbung gerechtfertigt, sind grundsätzlich die Nachkommen des Enterbten pflichtteilsberechtigt, liegt eine unrechtmäßige Enterbung vor, ist der Pflichtteil dem vermeintlich Enterbten auszuzahlen.
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