Greenwashing & unlauterer Wettbewerb
Nachhaltigkeit nimmt bei Kaufentscheidungen von Produkten und Dienstleistungen einen immer größeren Stellenwert ein. Unternehmen versuchen deswegen sich und ihre Produkte entsprechend zu vermarkten. Oft sind diese aber gar nicht grün oder nachhaltig wie angegeben, man spricht in solchen Fällen von sog. „Greenwashing“.
Unternehmen nutzen vage Aussagen wie „klimaneutral“, „grün“ oder „nachhaltig“ sowie Umweltzertifikate oder Label, bei denen oft nicht klar ist, wer diese ausstellt oder welche Kriterien dafür zu erfüllen sind, um sich als nachhaltig darzustellen und so den Konsumenten in seiner Kaufentscheidung zu beeinflussen. Dabei sind jedoch die Rechtsvorschriften nicht außer Acht zu lassen.
Noch bestehen keine spezifischen rechtlichen Regelungen, die die Werbung mit umweltbezogenen Eigenschaften regulieren. Im Rahmen des „New Green Deal“ erwägt die EU-Kommission jedoch die rechtlichen Rahmenbedingen anzupassen. Hierfür solle die Richtlinie zu unlauteren Geschäftspraktiken, die europarechtliche Grundlage des UWG (Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) darstellt, adaptiert werden. Ein Entwurf hierzu liegt bereits seit März 2022 vor. Auch ohne die Anpassung der gegenständlichen Richtlinie bestehen jedoch wirksame Regelungen im UWG, um gegen Greenwashing vorzugehen, wie auch aus der Rechtsprechung des OGH erkennbar ist.
§ 2 UWG sanktioniert irreführende Geschäftspraktiken. Als irreführend gilt eine Geschäftspraktik, wenn sie unrichtige Angaben enthält oder sonst geeignet ist, einen Marktteilnehmer derart zu täuschen, dass er dazu veranlasst wird, eine geschäftliche Entscheidung zu treffen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Diese allgemeine Regel lässt sich auch auf umweltbezogene Werbung anwenden.
Der OGH hat hierzu bereits einige Entscheidungen gefällt, denen allen gemein ist, dass ein tendenziell strenger Maßstab an „grüne“ Werbung gesetzt wird. Unternehmen sollten mit nachhaltigen Eigenschaften ihrer Produkte oder des Unternehmens selbst nur dann werben, wenn diese Eigenschaften faktisch wirklich bestehen und vor allem auch für den Marktteilnehmer nachvollziehbar sind, sodass dieser nicht in die Irre geführt wird. Laut dem OGH hat Umweltwerbung eine besonders emotionale Wirkung auf den Durchschnittsverbraucher, woraus folgt, dass für den Umweltbereich der Bedarf nach einem besonders strengen Schutz besteht.
Oft werben Unternehmen auch damit, dass das ganze Unternehmen, ein Produkt oder auch eine Dienstleistung klima- oder CO2-neutral ist. Hier stellt sich die grundsätzliche Frage nach der Bedeutung des Wortes „klimaneutral“: Versteht man unter dem Fachbegriff, dass tatsächlich keine negative Einwirkung auf das Klima erfolgte oder ist für die Betitelung auch eine Ausgleichszahlung, mit z.B. gekauften CO2-Zertifikaten ausreichend? In 4 Ob 202/12b entschied der OGH, dass der private Endverbraucher das Konzept der Ausgleichszahlung nicht kennen muss und daher davon ausgeht, dass das Produkt tatsächlich keine negativen Umweltauswirkungen hat. Wird die Klimaneutralität nur durch Ausgleichszahlungen hergestellt, muss deswegen darauf entsprechend hingewiesen werden. Zudem muss die Ausgleichszahlung das gesamte Produkt umfassen. Ansonsten ist die Werbung als irreführend im Sinne des UWG anzusehen.
Eine spezielle Anziehungskraft auf Kunden üben auch Umweltzertifikate oder entsprechende Logos aus, da diese oft als objektiver Nachweis der nachhaltigen Eigenschaft gesehen werden. Hier gilt nach allgemeinen Regeln, dass nur mit Zertifikaten geworben werden darf, welche das Unternehmen auch tatsächlich erhalten hat und auch nur dann, wenn die Bedingungen des Zertifikats nach wie vor erfüllt werden.
Der EU-Gesetzgeber plant nun, wie oben erwähnt, eine Erweiterung der gesetzlichen Regeln um Aspekte der umweltbezogenen Werbung. Die wichtigsten Änderungen sind, dass als wesentliche Produktmerkmale nun auch die ökologischen und sozialen Auswirkungen, die Haltbarkeit und die Reparierbarkeit gelten sollen. Zudem soll auch die Irreführung über künftige Umweltleistungen eine unlautere Geschäftspraktik darstellen. Schließlich soll auch die Werbung mit Selbstverständlichkeiten, also z.B. mit der Erfüllung von gesetzlichen Mindeststandards, als irrführend qualifiziert sein. Darüber hinaus soll das Unterlassen wesentlicher Informationen z.B. beim Produktvergleich als Irreführungstatbestand erfasst sein. Zur weiteren Ergänzung sollen zehn neue umweltbezogene per-se Verbote hinzugefügt werden. Ist ein per-se-Verbot erfüllt, muss die Täuschungseignung nicht gesondert nachgewiesen werden.
Die neue Richtlinie soll unter anderem Informationspflichten und Standards für die Belegbarkeit umweltbezogener Werbung schaffen. Bei Verstoß gegen diese Pflichten sollen insbesondere Bußgelder (wie etwa im Datenschutz- oder Kartellrecht) als Sanktion verhängt werden.
Zusammengefasst bestehen bereits wirksame rechtliche Mechanismen, um gegen Greenwashing vorzugehen. Diese sollen in Zukunft noch verschärft und ausgebaut werden. Greenwashing sollte daher von Unternehmen nicht auf die leichte Schulter genommen werden!
Paul Breuer | Rechtsanwaltsanwärter – p.breuer@gibelzirm.com
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