GmbH-Anteile im Erbfall: Gesellschaftsvertrag sticht Testament
Der Gesellschaftsvertrag einer GmbH ist die „Verfassung“ der Gesellschaft mit omnilateraler Wirkung. In diesem sind nicht nur Rechte und Pflichten der Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft, sondern auch unter den Gesellschaftern sowie in der Regel auch die Übertragbarkeit und Vererbung von Geschäftsanteilen geregelt.
Ein Testament ist eine einseitige, jederzeit widerrufliche Willenserklärung, mit der eine Person die Verteilung ihres Nachlasses im Todesfall regelt. Im Testament kann der Erblasser frei bestimmen, wer Erbe seines Vermögens wird und welche Vermögensgegenstände bestimmten Personen zufallen sollen – allerdings nur im Rahmen der gesetzlichen Schranken, insbesondere unter Beachtung der Pflichtteilsrechte nächster Angehöriger (Kinder, Ehegatten). Das Pflichtteilsrecht garantiert bestimmten Familienangehörigen einen Mindestanteil am Wert des Nachlasses (hälftig des gesetzlichen Erbteils) als Geldanspruch. Das Pflichtteilsrecht schränkt die Testierfreiheit sohin maßgeblich ein
Schicksal des Geschäftsanteils nach Ableben der Gesellschafter
Der Geschäftsanteil ist Teil des Nachlassvermögens des Erblassers. Somit kann er prinzipiell vererbt oder per Vermächtnis zugewendet werden wie andere Vermögenswerte. Zu beachten ist jedoch stets die Wechselwirkung zwischen Testament und Gesellschaftsvertrag: Die verfügte Nachfolge muss mit den gesellschaftsvertraglichen Regelungen vereinbar sein, da Gesellschaftsrecht und Regelungen des Gesellschaftsvertrages im Konfliktfall Vorrang genießen. Stimmen Testament und Gesellschaftsvertrag nicht überein, kann die testamentarische Anordnung ins Leere gehen.
Gesellschaftsvertragliche Regelungen zur Vererbung und Übertragung von GmbH-Anteilen
In der Praxis enthalten GmbH-Gesellschaftsverträge oft spezielle Nachfolgeklauseln und Übertragungsbestimmungen, um die Unternehmensnachfolge im Todesfall eines Gesellschafters zu steuern. Diese können unterschiedlich ausgestaltet sein, wie etwa:
- Einfache Nachfolgeklausel: Sie stellt klar, dass der Geschäftsanteil vererblich ist. Ohne weitere Spezifizierung gilt dann die gesetzliche Grundregel: Die Erben treten entsprechend ihren Erbquoten in die Gesellschafterstellung ein.
- Qualifizierte Nachfolgeklausel: Im Gesellschaftsvertrag wird vorgegeben, wer im Todesfall Gesellschafter werden soll. Oft beschränkt man damit den Kreis der nachfolgeberechtigten Personen.
- Aufgriffsrecht / Aufgriffspflicht: Diese weit verbreiteten Klauseln räumen den verbleibenden Gesellschaftern das Recht ein, den Geschäftsanteil des verstorbenen Gesellschafters zu erwerben (Aufgriffsrecht) oder verpflichten sie sogar dazu (Aufgriffspflicht). Der Anteil fällt also nicht dauerhaft an die Erben, sondern muss auf Verlangen an die Mitgesellschafter gegen eine in der Regel bereits gesellschaftsvertraglich festgelegte Abfindung abgetreten werden.
Grenzen des Testaments bei Verfügungen über GmbH-Anteile
Das Testament findet dort Grenzen, wo zwingendes Recht oder wirksam vereinbarte gesellschaftsvertragliche Beschränkungen eingreifen.
Um Konflikte zwischen Gesellschaftsvertrag und Testament gar nicht erst entstehen zu lassen, sollten Gesellschafter frühzeitig vorausschauende Nachfolgeplanung betreiben:
- Abstimmung von Testament und Gesellschaftsvertrag: Stellen Sie sicher, dass die letztwilligen Verfügungen zum Geschäftsanteil mit der Satzung harmonieren.
- Gesellschaftsvertrag gezielt gestalten: Nutzen Sie die im Gesellschaftsrecht vorhandenen Gestaltungsspielräume. Klären Sie mit den Mitgesellschaftern, welche Nachfolgeregelung für alle akzeptabel ist.
- Testamentarische Vorkehrungen: In Ihrem Testament können Sie explizit Bezug auf den Gesellschaftsvertrag nehmen. So ist allen Beteiligten klar, was im Ernstfall geschehen soll.
- Pflichtteilsberechtigte einbeziehen: Um spätere Pflichtteilsklagen zu vermeiden, suchen Sie bereits zu Lebzeiten Lösungen mit pflichtteilsberechtigten Angehörigen. Eine Möglichkeit ist ein Pflichtteilsverzichtsvertrag gegen Abfindung. Alternativ können Lebensversicherungen oder andere Vermögenswerte eingesetzt werden, um Pflichtteilsansprüche zufriedenzustellen, während der GmbH-Anteil ungeschmälert an den Nachfolger geht.
Zusammengefasst sollten Gesellschafter daher ihre Nachfolge proaktiv planen, damit im Erbfall keine Kollision zwischen Gesellschaftsvertrag und Testament auftritt. Klarheit und Konsistenz gewährleisten, dass der letzte Wille umgesetzt wird und das Unternehmen ohne Rechtsstreitigkeiten fortbestehen kann.
David Stockhammer | Rechtsanwalt – d.stockhammer@gibelzirm.com
Milka Milicic | Rechtsanwältin – m.milicic@gibelzirm.com
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