Maximilian Zirm
Partner
Michaela Linsbauer
Rechtsanwaltsanwärterin

Aufklärungspflichten des Doppelmaklers

Immobilienmakler, die als Doppelmakler tätig sind – also sowohl Käufer als auch Verkäufer vertreten – bewegen sich in einem heiklen Spannungsfeld zwischen den Interessen beider Parteien. In dieser Rolle stellt sich häufig die Frage, wie sie der Interessenwahrungspflicht gegenüber beiden Parteien sorgfältig nachkommen können. Eine aktuelle Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu GZ 7 Ob 208/24z betont nun erneut die zentrale Bedeutung der Aufklärungspflicht des Maklers – insbesondere in Bezug auf den Kaufpreis einer Immobilie.

Der rechtliche Rahmen: Prüfungspflicht des Doppelmaklers

Der OGH hat sich jüngst mit der Frage befasst, ob und in welchem Umfang ein Doppelmakler verpflichtet ist, den angebotenen Kaufpreis auf seine Angemessenheit hin zu prüfen und die Auftraggeber bei einer Abweichung darüber aufzuklären. Gemäß § 1299 ABGB gelten Immobilienmakler als Sachverständige. Daraus leitet sich ab, dass sie ein besonderes Maß an Fachkenntnis und Sorgfalt schulden.

Konkret hält der OGH fest: Ein Doppelmakler ist unabhängig von einem expliziten Auftrag zur Verkehrswertermittlung verpflichtet, seine beiden Auftraggeber darüber zu informieren, wenn der geforderte Kaufpreis den Verkehrswert der Immobilie übersteigt. Wird diese Pflicht verletzt, kann dies – unter bestimmten Voraussetzungen – als Sorgfaltsverstoß gewertet werden. Dies wiederum kann vertragliche Schadenersatzansprüche nach sich ziehen. Darüber hinaus ist der Auftraggeber bei gravierenden Pflichtverletzungen berechtigt, eine Herabsetzung der Maklerprovision zu verlangen.

Wann besteht eine Aufklärungspflicht und stellt die Verletzung immer einen Sorgfaltsverstoß dar?

Zentrale Frage bleibt, wie stark ein Kaufpreis vom tatsächlichen Verkehrswert abweichen muss, um eine Aufklärungspflicht, deren Verletzung einen Sorgfaltsverstoß darstellen kann, auszulösen. Bei Liegenschaftsbewertungen gelten grundsätzlich Preisspannen von 15 bis 30 % als marktkonform. Der OGH stellt jedoch klar, dass die bloße Abweichung des Kaufpreises vom Verkehrswert nicht automatisch einen Sorgfaltsverstoß darstellt. Eine derartig hohe Abweichung über die marktkonforme Bewertungsspanne (15 bis 30 %) hinaus ist nur ein Indiz für sorgfaltswidriges Handeln. Umgekehrt kann eine Wertermittlung innerhalb der marktkonformen Preisspanne nicht automatisch als sorgfaltsgemäß eingestuft werden.

Ausschlaggebend ist vielmehr, ob die Bewertung des Verkehrswerts durch den Doppelmakler methodisch korrekt und unter Einbeziehung marktrelevanter Faktoren erfolgt ist. Wird der Verkehrswert sachgerecht ermittelt, liegt selbst bei einer Abweichung in höherem Ausmaß als die marktkonforme Preisspanne kein Sorgfaltsverstoß des Doppelmaklers vor.

Empfehlungen für die Praxis: So handeln Sie als Doppelmakler rechtssicher:

  • Verkehrswert berechnen: Bei jeder Doppelmaklertätigkeit sollte eine fundierte Verkehrswertermittlung durchgeführt werden.
  • Bewertung dokumentieren: Die Ergebnisse der Wertermittlung sollten schriftlich festgehalten werden – auch zur eigenen Absicherung.
  • Im Zweifel aufklären: Bei Unsicherheiten hinsichtlich der Angemessenheit des Kaufpreises empfiehlt es sich, vorsorglich die Aufklärungspflicht wahrzunehmen, um mögliche Haftungsrisiken zu vermeiden.

 

Maximilian Zirm | Partnerm.zirm@gibelzirm.com  

Michaela Linsbauer | Rechtsanwaltsanwärterinm.linsbauer@gibelzirm.com  

Bild: © molchanovdmitry | istockphoto.com​​​